Weitere spezielle Schwindeldiagnostiken

Bestimmung der subjektiven visuellen Vertikalen

In der Regel gelingt es uns gut, ein Bild gerade aufzuhängen. Bei Funktionsstörungen im Utriculus, einem von der Schwerkraft abhängigen Teil des Gleichgewichtsorgans, fällt dies schwer. Die visuelle Stabilität kann mit einer senkrechten Lichtlinie getestet werden, die nach links bzw. rechts gekippt ist und vom Patienten wieder aufgerichtet werden muss. Gesunden Menschen gelingt dies mit einer Genauigkeit von unter 1,7 Grad Abweichung.

Bestimmung der durch Drehbewegung ausgelösten Augenbewegungen

Bei gleichmäßiger Drehung geht mit der Zeit das Gefühl für die Bewegung verloren, weil das Gleichgewichtsorgan im Innenohr nur auf Beschleunigung reagiert. Deshalb kann durch Pendelbewegungen eines Drehstuhles das Gleichgewichtssystem unter Videovermessung der Augenbewegungen geprüft werden. Diese Untersuchung wird zum Beispiel zur Begutachtung von Berufsunfähigkeiten eingesetzt. Es eignet sich aber auch zur Verlaufsbeobachtung der Funktionsfähigkeit des Gleichgewichts-systems im Rahmen einer Therapie.

Sacculusfunktionstest zur Untersuchung des Stellreflexes (VEMP)

Der Sacculus ist der empfindlichste Teil des Gleichgewichtorgans, der oft als erster von Schädigungen betroffen ist. Er erfasst Schwankungen des Körpers und löst einen kompensatorischen Reflex aus, der Stabilität und Standfestigkeit sichert. Der natürliche Auslöser dieses Reflexes kann durch ein akustisches Signal ersetzt werden. Ein Klickreiz über einen Kopfhörer löst den Stellreflex aus, der über Potenzialmessung am Hals gemessen wird.

Video-Kopfimpulstest

Das Gleichgewichtsorgan ist über einen zentralnervösen Reflex mit dem visuellen System gekoppelt. Dieser sogenannte vestibulo-okuläre Reflex gewährleistet die Blickfeldstabilisierung im dreidimensionalen Raum, indem er insbesondere plötzliche und schnelle Kopfbewegungen durch entsprechende Augenbewegungen kompensiert. Beim Kopfimpulstest werden Kopf- und Augenbewegungen mithilfe einer speziellen Brille und einer Hochgeschwindigkeitskamera synchron erfasst. Die Methode ist eine Revolution in der Gleichgewichtsforschung, weil es hierdurch gelingt, alle drei Bogengänge getrennt zu erfassen. Damit ist es insgesamt möglich, alle fünf Unterorgane des Gleichgewichtssystems im Ohr einzeln untersuchen zu können.

Prüfung der Standstabilität (Posturographie)

Die Analyse der Standstabilität zeigt, ob bei Schwindelbeschwerden eher das Gleichgewichtsorgan im Innenohr betroffen ist oder ob ein orthopädisches oder neurologisches Problem vorliegt. Über eine Messplatte mit vier Sensoren für die Ballen und die Fersen werden Stärke und Häufigkeit von Schwankungen unter verschiedenen Bedingungen getestet. Dabei können Störungen der einzelnen Teile des Gleichgewichtssystems – Innenohr, visuelles System und die Tiefensensibilität – genau unterschieden werden.